Wie mich Jürgen Habermas dann doch aufregte

Ein Kollege wies mich heute auf diesen Artikel von Jürgen Habermas vom September diesen Jahres hin.

Er sagte, ich solle zu Beginn der Lektüre möglichst kühl und gelassen sein, weil am Ende beim Lesen des Textes der eigene Puls in gefährliche Bereiche bugsiert werde.

So arg aufgeregt habe ich mich tatsächlich gar nicht…lag wohl auch an der ermüdenden und unnötigen Länge des Artikels (da schätzt man doch gleich analytische Philosophen wieder so richtig). 

Es ist natürlich schon abenteuerlich, dem Staat eine Pflicht zum unbedingten Lebensschutz zuzuschreiben. Und es scheint mir auf den ersten Blick inkonsequent, wenn nicht sogar heuchlerisch. Argumentiert Habermas auch so in Bezug auf Abtreibung? Und in Bezug auf Adipositas? (McDonald’s und Burger King zumachen, eingefleischte Karnivoren gehen dann aus Solidarität beim Veggie-Laden essen).

Dann behauptet er, die mediale Diskussion sei auf die Überlastung der Krankenhäuser als wichtigstem Parameter für die Pandemiesteuerung fixiert gewesen, man hätte sich aber besser auf die Infektionszahlen fokussiert. Ich frage mich, ob Habermas in den letzten 12 Monaten Zeitung gelesen hat? Es wäre ja gerade ein Schritt zurück zu wissenschaftlicher Vernunft, aussagekräftige Metriken wie die schweren Fälle in Krankenhäusern zu betrachten, als die Zahl positiver Testfälle, von denen viel zu viele symptomlos sind, nicht zuletzt weil der PCR-Test kein geeignetes Diagnoseinstrument ist, wie das BAG noch letzten Sommer konstatierte und auch PCR-Erfinder und Nobelpreisträger Kary Mullis immer betonte.

An einer Stelle fragte ich mich, ob er den Leser veräppeln will. Dass die Weigerung der damaligen Bundesregierung, den RAF-Forderungen nachzukommen, keine (Teil-)Ursache für den Tod Schleyers gewesen sein soll, die heutige Bundesregierung aber Tode direkt verursache, indem sie nicht alle Maßnahmen zum Virenschutz ausschöpft, kommt mir wie ein willkürliches Jonglieren mit dem Begriff der Kausalität vor. Als hoffe er, dass beim Leser ungefähr folgende mentale Sequenz abläuft: Wenn der bekannte Philosoph etwas schreibt, das mir wie Unsinn vorkommt, dann hat wahrscheinlich er Recht, nicht ich Ottonormalbürger mit meinem Hausverstand.

Ach ja, das fast schon übliche Diffamieren von nicht näher genannten Kritikern als «Verschwörungstheoretiker» und «Corona-Leugner» darf natürlich auch nicht fehlen.

Ok, jetzt hab ich mich doch aufgeregt.

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