Die Hauptfrage, die ich zu diesem Film stellen möchte, lautet: «Wie hätte der Glaubensabfall der Padres unwahrscheinlicher gemacht werden können?»
Meine Thesen sind: (1) Sie hätten nicht als Padres kommen sollen (2) sie hätten die katholischen Reliquien ablegen sollen (3) sie hätten eine gründlichere philosophische Ausbildung mit besonderer Betonung des japanischen Buddhismus durchlaufen sollen, um den intellektuellen Herausforderungen gerecht zu werden (4) sie hätten alle Vorstellungen von einer «Hochzeit» Japans mit der Kirche fallen lassen und vielmehr versuchen sollen, Einzelne zu Christus zu bringen.
(1), (2) und (4) stehen im Zusammenhang mit dem römischen Katholizismus als religiöses System. Zu (1): Ihr Kommen als «Padres», ein Amt von besonderer Bedeutung, machte es wahrscheinlicher, dass die einfachen japanischen Bauern sie vergötterten (das heisst nicht, dass das wirklich geschah, nur dass es wahrscheinlicher war, dass es geschah). Das Ergebnis war, dass tatsächlich zumindest einige japanische Christen für die Padres und nicht für Christus starben, was die Argumente von Padre Ferreira und dem Inquisitor bestätigen würde. Bezüglich (2): Die Reliquien, die die Padres mitbrachten, machten es wahrscheinlicher, dass die Japaner ihren Glauben an diese materiellen Objekte hängten, anstatt sich danach auszustrecken, auf den unsichtbaren Gott zu vertrauen. Ferreira bringt die Wichtigkeit dieses Punktes zur Sprache, indem er darauf hinweist, dass die Japaner sich «nichts jenseits der Natur vorstellen können» und dass die Sonne ihr «Sohn Gottes» war.
Option (4) betrifft den problematischen Versuch, das Evangelium mit einer Art territorialem Anspruch zu vermischen. Hier geht das Gespräch zwischen Rodrigues und dem Inquisitor in die Irre. Bis zu diesem Punkt sprachen sie über universelle Wahrheit. Aber dann bringt der Inquisitor das Gleichnis von den Konkubinen zur Sprache, das Rodrigues hätte analysieren und als irrelevant zurückweisen sollen. Aber er springt auf den Zug auf und schlägt vor, dass Japan mit einer Frau, nämlich der Heiligen Kirche, verheiratet werden solle. Das ist natürlich ein miserables Argument. Warum sollte es den Inquisitor überzeugen? Er denkt schlecht von der Kirche, warum sollte er plötzlich den Weg frei machen, um sie zu Japans Braut zu machen?
Das bringt mich zu dem zentralen Punkt (3). Besonders in den Gesprächen mit dem Diener des Inquisitors und Ferreira wird deutlich, dass Rodrigues keine Verteidigung gegen die zersetzende Wirkung (auf seinen eigenen Glauben) einer scheinbar friedlichen Religion hat, die nur «das ist, was sich für Japan gehört». Der Buddhismus scheint tolerant zu sein, oder wie der Inquisitor sagt: «In Spanien und Portugal mag das Christentum funktionieren, aber nicht hier».
Die Verfolger vergleichen Japan ständig mit einem Sumpf, in dem «nichts wächst» (nichts – ausser dem Buddhismus?). Aber erstens bezieht sich diese Metapher nur auf die spirituelle Empfänglichkeit Japans, nicht auf die Wahrheit des Christentums. Ausserdem werden die Padres seltsamerweise aufgefordert, ihren Glauben zu verleugnen – was angesichts der Überzeugung des Inquisitors, dass das Christentum auf japanischem «Boden» unwirksam sei, seltsam ist. Das ist so, als ob jemand behauptet, nicht an die Homöopathie zu glauben, und dennoch von deren Anhängern verlangt, ihrem Glauben öffentlich abzuschwören und alle homöopathischen Substanzen zu entsorgen. Ausserdem, wenn es bei der Religion der Padres nicht um die Wahrheit ginge und die japanischen Behörden einen guten Grund hätten, deren Wirkung einschränken zu wollen (z.B. wenn das Christentum für sie einfach nur ein Ärgernis ist, wie es die Zeugen Jehovas und andere Sekten für moderne Menschen sind), hätte ein einfaches «Missionsstopp-Abkommen» ausgereicht, oder nicht? Aber stattdessen werden die Padres aufgefordert, dieses Dementi regelmässig zu wiederholen und nicht über das Christentum zu sprechen (zumindest hören sie tatsächlich damit auf); und sie helfen, verbotene christliche Symbole in der Fracht holländischer Schiffe zu identifizieren. Schliesslich weist Ferreira darauf hin, dass die Japaner nicht an etwas jenseits der Natur glauben könnten (was falsch sein mag), aber warum gibt er selbst das Christentum auf? Offensichtlich findet er den Buddhismus überzeugender, aber das behauptet er nie explizit.
Es bleibt ein Wirrwarr von unbeantworteten Fragen und Widersprüchen. Man bekommt den Eindruck, dass die Padres hilflos – in gewisser Weise stumm – sind, wenn es darum geht zu zeigen, dass die Ansprüche des Christentums für alle Menschen gelten, dass die Wurzeln ihres Glaubens tief in den gemeinsamen Boden der Menschheit reichen.
Rodrigues verleugnet schliesslich öffentlich Christus, anscheinend wird er von Jesus selbst dazu ermutigt, dies zu tun. Das Argument scheint zu sein, dass die öffentliche Verleugnung doch nicht so entscheidend ist und dass Jesus, der es gewohnt ist, mit Füssen getreten zu werden, «diesen einen Schlag mehr einstecken kann». Wie sich das mit dem Christus des Neuen Testaments vereinbaren lässt, der sagt: «Wer mich vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen» (Matthäus 10:33), entzieht sich meiner Kenntnis.
Was von diesem Film bleibt, ist der fade Beigeschmack einer vernichtenden Niederlage des Christentums, das dargestellt wird wie ein «Schuster, der bei seinem Handwerk hätte bleiben sollen». Das scheint Scorseses Bild vom Christentum zu sein – was davon übrig bleibt, nachdem es im Schmelzofen der japanischen Ablehnung geläutert wurde, ist dies: eine rein private Angelegenheit. Die Schlussfolgerung könnte kaum besser verkörpert werden als durch Rodrigues, der, nachdem er verleugnet hat und mundtot gemacht wurde, dennoch ein kleines Kreuzamulett mit ins Grab nimmt. Silence ist in der Tat ein treffender Titel für diesen Film – auch wenn man sich am Ende fragt, ob er sich auf das vermeintlich Schweigen Gottes bezieht oder auf das allmähliche Verstummen und schliessliche Schweigen seiner Boten.