Römer 13 gebot nie die Unterwerfung unter das Corona-Regime. Im Gegenteil

Entgegen der Ansicht vieler Christen gebot Römer 13,1-5 eine Unterwerfung unter die staatlichen Anordnungen während der Corona-Krise.

Dies ist ein Irrtum. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, jedenfalls wenn man die Passage in Konjunktion mit anderen einschlägigen Bibelstellen und einer gründlichen Reflektion zum Begriff der Gewissensfreiheit liest.

Warum war Römer 13 nie relevant für die Corona-Krise?

Jede Seele unterwerfe sich den übergeordneten ⟨staatlichen⟩ Mächten! Denn es ist keine ⟨staatliche⟩ Macht außer von Gott, und die bestehenden sind von Gott verordnet. Wer sich daher der ⟨staatlichen⟩ Macht widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil empfangen. Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Willst du dich aber vor der ⟨staatlichen⟩ Macht nicht fürchten, so tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben; denn sie ist Gottes Dienerin, dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut. Darum ist es notwendig, untertan zu sein, nicht allein der Strafe wegen, sondern auch des Gewissens wegen. (Romer 13,1-5 ELB)

Zunächst einmal ist es nicht unwichtig anzumerken, dass der griechische Text nicht von „staatlichen“ Mächten spricht, sondern von „Mächten, die über ihr (der Seele) sind“ (exousiais hyperechousais). Ob Paulus konzeptionell das Gleiche im Sinn hatte wie wir heute, wenn wir von „der Staatsmacht“ sprechen, ist zumindest fraglich.

Aber das ist nicht das Entscheidende. Wichtiger ist, dass die erwähnten Mächte ihre Legitimation von Gott erhalten (13,2). Allerdings scheint es nicht der Fall zu sein, dass eine solche Macht unbedingt die Form eines modernen Staates annehmen muss. Umgekehrt ist „moderner Staat“ keine Zauberformel, die an sich schon Rechtmäßigkeit garantiert.

Nun, wozu sind die Mächte legitimiert? Dazu, „ein Schrecken“ für „das böse Werk“ zu sein, „eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut“. Deshalb fordert Paulus die Christen auf, Gutes zu tun, denn dann erhalten sie „Lob“ von der Staatsmacht.

Das ist ganz klar die Sprache der Moral. Es geht um unzweifelhaft Böses und Gutes: Taten wie Mord oder Leben retten; stehlen oder beschenken; anderen schaden oder ihnen helfen. Die Frage ist, ob die Verhaltensweisen, die die Regierungen in der Corona-Krise sanktioniert (bzw. belohnt) haben, in diese Kategorien fallen. Die Antwort ist: Sie tun es nicht. Sich mit anderen Menschen in einem Restaurant treffen, Angehörige im Altersheim besuchen (wenn man gesund ist!) oder eine Impfung (zumal von äußerst zweifelhafter Wirkung) ablehnen gehören zur normalen Lebensausübung oder aber befinden sich innerhalb des Spielraums persönlicher Entscheidungsfreiheit. Umgekehrt ist nichts besonders moralisch Lobenswertes daran zu erkennen, wochenlang zu Hause zu bleiben, eine Atemschutzmaske in der Öffentlichkeit zu tragen oder sich impfen zu lassen. Bestenfalls handelt es sich um Vorsichtsmaßnahmen zum eigenen Schutz. Für die Behauptung, diese Maßnahmen seien unbedingt notwendig, um andere zu schützen, gibt es schlicht keine stichhaltigen Beweise.

Deshalb ist die Anwendung von Römer 13 auf die Corona-Krise schlichtweg falsch.

Gewissen und staatlicher Zwang

Wie wir wissen, haben viele Regierungen Zwang auf ihre Bürger ausgeübt, die Corona-Maßnahmen einzuhalten. Das reichte von Bußgeldern über kurzzeitige Inhaftierungen bis hin zum allgemeinen Impfzwang, wie er in Österreich zumindest formal eine Zeit lang herrschte.

Wenn ein Staat Zwang auf seine Bürger ausüben muss, damit diese „folgen“, stimmt etwas nicht. Der überwältigenden Mehrheit der Menschen ist stets klar, wie man sich vernünftig (und moralisch korrekt) verhält. Man muss sie etwa nicht dazu zwingen, Verträge einzuhalten, oder ihre Kinder zu ernähren. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber derer sind im Verhältnis sehr wenige, andernfalls würde die Gesellschaft schnell in sich zusammenbrechen. Und: Die Staatsmacht hat laut Paulus das Recht, böse Handlungen zu bestrafen; nicht aber, Menschen dazu zu zwingen, Gutes zu tun.

Es gibt Beweise dafür, dass die Infektionskurven bereits vor Einsetzen der staatlichen Ver- und Gebote zu sinken begannen (Lemaitre et al. 2020), weil die Menschen freiwillig ihren Aktionsradius einschränkten, Abstand hielten und verstärkt Desinfektionsmittel verwendeten. Wiederum handelt es sich hierbei nicht um moralisch besonders lobenswerte Handlungen, sondern vernünftige Vorsichtsmaßnahmen.

Wenn aber der Staat beginnt, Bürger zu Dingen zu zwingen, die sie nicht für richtig halten, dann gibt es einen Konflikt zwischen dem Staatswillen und dem individuellen Gewissen. Solche Konflikte haben sehr viele Menschen in der Corona-Krise erlebt. Die massiven Demonstrationen legen dafür beredtes Zeugnis ab. Das wirft natürlich Sand ins Getriebe der Gesellschaft: Wenn viele Menschen dazu gezwungen werden, gegen ihr Gewissen zu handeln, entsteht eine gefährliche und potente Spannung.

Im Einklang mit dem Gewissen, nicht gegen das Gewissen

Statt entgegen dem eigenen Gewissen der Staatsmacht zu gehorchen, ist Römer 13 eine indirekte Aufforderung, im Einklang mit dem Gewissen zu handeln: „…nicht allein der Strafe wegen, sondern auch des Gewissens wegen.“ Im Normalfall bedeutet dem Gewissen zu folgen Lob von der Staatsmacht zu erhalten; in der Corona-Krise aber musste man gerade dann Strafe befürchten, wenn man im Einklang mit dem eigenen Gewissen handelte.

Der Bibel sind übergriffige Staatsmächten nicht fremd. Da wäre z.B. der babylonische König Nebukadnezzar, der seine Untertanen zwang, ein goldenes Standbild anzubeten (Daniel 3). Drei jüdische Beamte am Hof des Königs weigerten sich, dies zu tun – aus Gewissensgründen. Nebukadnezzar ließ sie in den Feuerofen werfen, doch Gott rettete sie. Das göttliche Verdikt ist klar (und Nebukadnezzar gab es selbst zu): Niemand hat das Recht, Menschen gegen ihr (in diesem Fall religiös geprägtes) Gewissen zu Handlungen zu zwingen.

Drei Kapitel weiter müssen sich einige neidische persische Hofbeamte eines juristischen Tricks bedienen, um Daniels völlig akzeptable (da vom Gewissen abgesegnete) Gebetsroutine zu kriminalisieren (Daniel 6). Diesmal sind hungrige Löwen die Vollstrecker des göttlichen Urteils über solches Vorgehen.

Viel später sehen wir die Apostel konfrontiert mit der Aufforderung, das Predigen des Evangeliums zu unterlassen. Ihre Antwort: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen.“ (Apostelgeschichte 5,29).

Es reicht nicht aus, darauf hinzuweisen, dass die Apostel (oder Schadrach, Meschach und Abed-Nego) ein klares göttliches Gebot hatten, dem sie folgen mussten (wobei das im letzteren Fall nicht so klar ist). Auch wenn direkte Anordnungen Gottes sicher mehr wiegen: Das Gewissen ist ebenso von Gott eingesetzt und eine äußerst wichtige moralische und soteriologische Leitschnur (Römer 2). Natürlich sind individuelle Gewissen unterschiedlich empfindlich. Natürlich mag ihr Gewissen manche Christen dazu bewogen haben, Masken zu tragen und sich impfen zu lassen. Aber die Gewissensfreiheit hätte auch den anderen, die diese Dinge nicht tun wollten, ihren Spielraum lassen sollen. Stattdessen trieb der Staat auch Christen dazu, gegeneinander Position zu beziehen, indem er Zwang in einem nicht für ihn vorgesehenen Bereich anwandte.

Wer seinem Gewissen folgt, sollte keine Probleme mit dem Staat haben. Wenn dies doch der Fall ist, stimmt etwas mit dem Staat nicht. Christen sollten erkennen, dass ihre eigene Heilige Schrift genau dies sagt, und sich auf die Seite der Gewissensfreiheit stellen.

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