Personae als «Stützräder» in der Charakterentwicklung

«Schimpfe nicht wie ein Küchenmädchen. Ein Krieger schimpft nicht. Höfliche Worte oder aber harte Schläge sind seine einzige Sprache.» (Tirian zu Eustace in Die Chroniken von Narnia: Der letzte Kampf)

Eustace wird gesagt, er solle sich wie ein Krieger verhalten. Aber ist er ein Krieger? Oder ist er im Begriff, einer zu werden? Und ist es überhaupt sein Ziel, ein Krieger zu werden, oder eher etwas noch Grösseres, das nur in einigen Merkmalen einem Krieger gleicht?


Manchmal hilft es, sich selbst als etwas vorzustellen, das man (noch) nicht ist, aber werden will; vielleicht nicht einmal als Endziel, sondern als Zwischenstation zu einer weitaus prächtigeren Destination. Tönt das nicht schräg in unseren Ohren, die immer wieder hören, dass maximale «Authentizität», verstanden als die Abwesenheit jeglichen Rollenspiels, das höchste Gut in der Charakterentwicklung ist? Authentizität in Bezug auf den gegenwärtigen Zustand ist sehr willkommen; aber wenn wir dabei stehen bleiben und leugnen, dass wir uns danach sehnen, bessere Menschen zu sein, als wir jetzt sind, erweisen wir uns selbst einen Bärendienst. Und auf diesem steinigen Weg zu der Person, die man schon immer sein wollte (oder: sollte), ist es keine Schande, sondern sehr nützlich, sich für eine Weile Stützräder ans Fahrrad zu schrauben.
Vergiss aber nicht, sie wieder abzunehmen, sobald du das Fahren deines Fahrzeugs beherrschst.


Bild von Rock’n’Roll Monkey / unsplash.com

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